Die Nebelfrau hatte heute Morgen ihr silbergraues Kleid aus dem Schrank geholt. Es war ein Kleid, durchzogen von glitzernden Tautropfen, leicht wie der Morgentau und doch schwer von uralten Geheimnissen.
Voller Übermut trat sie hinaus, und mit jedem Schritt erhob sich der Nebel, folgte ihr wie ein treuer Gefährte und legte sich über das Land.
Stolz schwebte sie über Wälder und Wiesen, und zog ihr Kleid wie einen nie endenden Schleier hinterher. Es war nicht nur ein Tanz, es war ein Zauber, der die Welt verschluckte, Bäume, Felder, sogar ganze Häuser verschluckte ihr Kleid. Bei den Menschen erwachten Fantasien, die sie nicht für möglich hielten: sie sahen Gestalten, hörten Stimmen, glaubten plötzlich an Wunder, die im Nebel verborgen blieben.
Doch die Nebelfrau war nicht nur eine Hüterin der Fantasie. Ihr Nebelkleid barg auch Gefahren. Es verbarg Abgründe, ließ Wege verschwinden und so mancher begab sich in Gefahr. Wer nicht Acht gab, konnte sich leicht verlieren, denn die Nebelfrau entschied allein, wann sie den Schleier wieder hob und die Sicht frei gab.
An diesem Tag jedoch tanzte sie lange und wirbelte voller Übermut, ihr Kleid stürmisch vor sich her und ließ das Land in einen Schleier aus Geheimnissen tauchen.
Wer sie sah, wusste nicht, ob er träumte oder wachte, denn die Nebelfrau war die Hüterin des Nebels, sie lässt die Menschen träumen und verschleiert auch die Gefahren.





