Das alte Tor und seine Geschichte

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An diesem Tor bin ich schon unzählige Male vorbeigegangen, und so manches Mal dachte ich mir: Wer lebte wohl hinter diesem Tor? Was für Menschen waren das, und wie war ihre Geschichte? Heute jedoch blieb ich davorstehen, und es überkam mich ein gar eigenartiges Gefühl. Plötzlich spürte ich einen feinen Windstoß, der mir zärtlich ins Ohr flüsterte: „Ja, dieses Tor erstrahlte einmal im schönsten Blau, und dahinter lebten glückliche Menschen. Wenn du Zeit hast, erzähle ich dir von dem Leben hinter diesem Tor.“ Ich war verwirrt, aber angenehm überrascht, und so antwortete ich: „Ja, sehr gerne.“ Ich setzte mich abseits in die Wiese und lauschte begeistert den Worten des Windes.

„Wie ich schon erwähnte, war das Tor im schönen Hellblau gestrichen, und die Mauer erstrahlte im schönen Weiß. Ein breiter Kiesweg, gesäumt von Blumenrabatten und blühenden Bäumen, führte zu einem schönen Haus mit einer roten Tür und roten Fensterläden. An den Fenstern waren schöne Blumen. Drei Generationen lebten glücklich und zufrieden in diesem Haus; Kinderlachen und Hundegebell waren immer zu hören.

 

 

Es wurden auch viele Feste gefeiert. Diese Menschen waren sehr gesellig und liebten es, wenn im Haus immer etwas los war. Doch eines Tages geschah etwas Schreckliches.

In jenen glücklichen Tagen, als das Tor und das Haus noch im hellen Blau und Weiß erstrahlten, geschah das Unfassbare. Ein Schatten legte sich über das idyllische Leben der Bewohner. Es begann mit einem schweren Schicksalsschlag, der das Fundament der Familie erschütterte. Ein tragischer Unfall riss ein geliebtes Familienmitglied aus dem gemeinsamen Leben.

Die Bewohner des Hauses, einst so voller Lebensfreude, wurden von Trauer übermannt. Die lebendigen Feste wurden durch stille Tränen ersetzt, das Kinderlachen und Hundegebell verstummte. Das Haus verlor seinen Glanz, die Blumen an den Fenstern welkten und die rote Tür schien nur noch eine Erinnerung an vergangene Tage zu sein.

Die Familie versuchte, sich gegenseitig Halt zu geben, aber der Schmerz war zu tief. Die einst so geselligen Menschen zogen sich in ihre Einsamkeit zurück. Der Kiesweg wurde nicht mehr betreten, die Blumenrabatten verwandelten sich in wild wuchernde Büsche, und die blühenden Bäume ließen ihre Blätter fallen, als würden sie die Trauer der Bewohner teilen.

Finanzielle Sorgen kamen hinzu. Der Verlust hatte nicht nur emotional, sondern auch wirtschaftlich tiefe Spuren hinterlassen. Die Rechnungen häuften sich, und das einst prächtige Haus verfiel zusehends. Die rote Tür, einst Symbol für Wärme und Einladung, knarrte traurig in den verwaisten Räumen.

Die Nachricht von der Tragödie verbreitete sich in der Gemeinde, und das Haus wurde zum Ort der Mythen und Gerüchte. Einige behaupteten, es sei von einem Fluch heimgesucht, andere erzählten von unerklärlichen Schatten, die hinter den verblassten Fenstern lauerten. Das einst so strahlende Tor wurde zum Symbol des Verfalls.

Jahre vergingen, und die Natur eroberte ihr Terrain zurück. Das Tor, einst stolz und einladend, war nun von Ranken überwuchert. Die Geschichte des Hauses verblasste in den Köpfen der Menschen, doch das Geflüster des Windes bewahrte die Erinnerung.

Als der Wind zu Ende erzählt hatte, blieb ich nachdenklich auf der Wiese sitzen. Die Geschichte des alten Tores und des einst so lebendigen Hauses lehrte mich, wie zerbrechlich das Glück sein kann und wie sich das Schicksal in einem einzigen Moment ändern kann.

Auch weiterhin werde ich an diesem Tor  vorbeigehen, doch ich werde es ab nun mit anderen Augen betrachten. Das nächste Mal werde ich einen Blumenstrauß vor das Tor legen und im Gedanken werde ich das Tor und  Haus wieder erstrahlen lassen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Über die Autorin
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Liselotte

Seit vielen Jahren schreibe ich leidenschaftlich gerne und halte meine Gedanken, inspiriert durch Schicksale, Lebensveränderungen oder Erlebnisse auf Papier fest. Manchmal lustig, manchmal traurig, aber immer ein wenig zum Nachdenken.
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