Das Jahr neigt sich dem Ende zu, wie so viele vor ihm. Es begann – wie sie alle beginnen – mit einem Funken Hoffnung, Zuversicht, mit guten Vorsätzen und auch leisen Ängsten. Wir schmiedeten Pläne, träumten Träume, voller Sehnsucht und Verlangen nach einem besseren Jahr. Doch viele dieser Träume blieben unerfüllt, die Pläne versickerten und wurden vergessen. Warum? Lag es an uns? An der Welt?
Ein weiteres Jahr wird kommen, und wieder fassen wir Vorsätze, träumen von unzähligen Möglichkeiten, und wieder werden Pläne versickern und Träume nicht gelebt. Aber dieses Silvester, sage ich mir, will ich es anders machen. Ich nehme mir nichts vor – oder doch? Denn ich ahne: Es ist nicht das neue Jahr, das die Schuld trägt, wenn Träume verblassen oder Pläne vergehen.
Das Jahr hat uns vieles geschenkt. Augenblicke voller Zuversicht und Freude, die unser Herz höherschlagen ließen, aber auch Momente voller Schmerz, Sorgen und Kummer. Doch auch das Leid gehört zum Leben, so wie die Freude – wie Tag und Nacht, wie die Sonne und der Mond, keiner kann ohne den anderen existieren. Nicht die Jahreszahl prägt uns, sondern das Leben selbst, es kennt keine Zahlen, keine Grenzen. Wir werden geboren und leben unser Leben, bis zu dem Tag, an den wir diese Welt wieder verlassen. Wir setzten uns die Zeiten fest, wir feiern Jahrestage, es sind Rituale, die uns an Ereignisse erinnern und das ist auch gut so. Wäre es nicht so, würden wir unser Leben ohne Höhen und Tiefen leben, wir würden keine Jahrestage feiern oder betrauern, wir wären emotionslos.
Die Natur erzählt eine ähnliche Geschichte. Mit dem Frühling erwacht alles neu – junges Leben, das sich zaghaft in die Welt wagt. Der Sommer bringt Fülle, ungestümes Wachstum, das sich über die Welt legt. Doch im Herbst wird es ruhiger, und schließlich zieht sich die Natur im Winter zurück, bereitet sich auf das nächst Jahr vor. Für die Tiere ist es ein Kreislauf des Überlebens, unbeeindruckt von unseren Daten und Zahlen.
Und doch brauchen wir Menschen die Zahlen. Seit Jahrtausenden schreiben wir sie für die Nachwelt nieder, um Ordnung in das Chaos zu bringen, um zu verstehen, wann etwas begann und wann es endete.
Also wünsche ich euch – wie in jedem Jahr – alles Gute und Gesundheit. Und:
Träumt! Macht Pläne!
Auch wenn nicht jeder Traum in Erfüllung geht und nicht jeder Plan gelingt. Behaltet euch eure Träume, unsere Zeit ist kurz, ja. Aber das, was wir hinterlassen können, kann für die Nachwelt von großer Bedeutung sein und wenn sie klug sind, lernen sie daraus.