Als ich an diesem schönen Nachmittag unter dem schattenspendenden Apfelbaum saß und in meinem Buch las, überkam mich plötzlich eine angenehme Müdigkeit. „Was soll’s“, dachte ich mir und ließ mich gemütlich auf der Wiese nieder. Es dauerte nicht lange, und ich glitt in einen träumerischen Zustand.
Als ich wieder erwachte, blickte ich mich verwundert um und dachte: „Was war das? Habe ich geträumt oder habe ich es wirklich erlebt?“ Ich wusste nur, dass ich ein paar Zeilen in meinem Buch gelesen hatte, mit dem Titel: „Jedes Leben hinterlässt eine Geschichte.“ Und wie gesagt, ich war mir nicht sicher, ob es ein Traum oder Realität war.
Ich schwebte sitzend auf einem Buch über den Wolken. Der Himmel strahlte in schönstem Blau, und die Wolken sahen wie Wattebäusche aus. Begleitet wurde ich von einer wunderschönen Melodie. Ja, dachte ich mir, so stelle ich mir den Himmel vor. Ich konnte nicht anders, ich musste lächeln und fühlte mich so wohl wie schon lange nicht mehr. Plötzlich fiel mein Blick auf den Titel des Buches, und dieser lautete:
„Dein Lebensbuch.“ Mein Lebensbuch? dachte ich mir. Und in diesem Augenblick tauchten einige Bilder vor mir auf, und ich wusste es nun genau, wessen Lebensbuch es war. Ich sah ein kleines fröhliches Mädchen inmitten einer großen Familie. Ich sah die Kindheit dieses Mädchens vor mir, die von Bescheidenheit geprägt war. Von einer Mutter, die hart gearbeitet hatte und viel Liebe gab, von einem Vater, der zu schwach war. Doch wenn ich zurückblicke, hat mich mein bescheidenes Leben stark gemacht. Ich lernte, zu verzichten und bescheiden zu sein, und noch heute höre ich die Worte meiner Mutter, als wäre es gestern gewesen:
„Auch wenn wir arm sind, benehmt ihr euch anständig.“
Diesen Satz sagte sie immer wieder zu mir und meinen Geschwistern. Worte, die in diesen Zeiten wohl keinen Wert mehr haben
Ich erinnere mich an so viel Schönes, an die Liebkosungen meiner Mutter und wie sie sich freute, wenn sie uns eine Freude machen konnte. Meine Kindheit erschien mir unbeschwert, dass wir arm waren, empfand ich damals nicht so. Erst später im Alter wurde mir bewusst, wie bescheiden wir gelebt hatten. Und dennoch, aus diesem Buch, auf dem ich saß, entströmten viele schöne Geschichten, doch auch traurige. Doch so ist das Leben, es hat schöne und weniger schöne Seiten. In manchen Augenblicken war ich so selig, und dann wieder traurig oder auch wütend. Jedoch waren die glücklichen Momente mehr als die unglücklichen. Es tauchten Bilder auf, da sah ich mich in einem schönen Garten, in dem Glück, Freude und Liebe blühten. Ich sah, dass die meisten Seiten meines Lebensbuches bereits beschrieben waren. Doch ich weiß, die paar leeren Seiten, die noch übrig sind, möchte ich bunt und mit Zufriedenheit ausfüllen. Ich werde die Zeilen nun enger schreiben, ich möchte doch noch viel hinzufügen.
Die Reise mit meinem Lebensbuch endete sanft und glücklich, doch auch etwas nachdenklich. Und so sitze ich nun hier und weiß nicht, wie mir geschieht, noch spüre ich diese Leichtigkeit und Zufriedenheit in mir. Wenn ich zurückblicke auf meine Reise, kann ich sagen, mein Lebensbuch ist recht gutgeschrieben, ja ich bin zufrieden. Und doch, wenn ich könnte, würde ich einige Seiten anders schreiben. Doch ich habe noch eine Chance, denn in meinem Lebensbuch gibt es noch einige leere Seiten, und es liegt an mir, was darauf zu lesen sein wird. Ich werde jeden Tag eine neue Seite beschriften, und ich will nicht wissen, wie viele leere Seiten noch übrig sind. Jede Seite sollte so beschrieben werden, als wäre sie die letzte. „Ich werde mich bemühen, nein, ich will es!“, sage ich mir.
Ich will die leeren Seiten bunt und verrückt gestalten. „Es ist mein Buch das ich schreibe, und das schreibe ich so, wie es mir gefällt.“ Auf meiner letzten Seite wird stehen:
„Ein Leben ist zu wenig.“
Doch als was ich wiedergeboren werde, weiß ich nicht. Es kann eine Blume sein, ein Tier, oder ich werde eine Erscheinung, in welcher Form auch immer. Und noch etwas weiß ich: Mein Buch wird eine Fortsetzung bekommen. Wer oder wie es geschrieben wird, kann ich nicht sagen.