Allerheiligen – ein Tag, an dem der Verstorbenen gedacht wird. Man schmückt die Gräber, stellt sich davor, vielleicht mit einer Kerze, vielleicht mit einem Gedanken. Und dann? Viele drehen sich um und gehen – ohne einen Blick zurück. Bis zum nächsten Jahr. Es scheint, als kämen manche nicht aus Liebe, sondern um den Schein zu wahren. Doch was ist das für ein Schein?
Ich selbst gehe an diesem Tag nicht zum Grab meiner Lieben. Für mich ist die Stille dort zu laut. Ich besuche sie das ganze Jahr über. Ich pflege das Grab nicht nur heute, sondern immer – weil es mir wichtig ist. Auch wenn ich weiß: Hier liegt nur noch das Lebenskleid. Und doch – es war die Hülle, in der die Seele wohnte. Es war das Kleid, in dem ein liebevolles Herz schlug.
Es war das Kleid, das Wärme schenkte,
das mich umarmte, das mit mir viele Wege ging. Es war das Kleid, in dem mein Leben begann, in dem ich geboren wurde.
Nun liegt es still – und doch voller Erinnerung.
Ich ehre dieses Lebenskleid nicht nur an diesem Tag und nicht nur an diesem Ort. Denn Erinnerungen brauchen kein Datum. Sie leben in mir, in meinem Tun, in meinem Herzen.
Jeder Verstorbene trägt eine Geschichte – und nicht jede ist schön. Viele Geschichten werden mit dem Körper begraben, viele Erinnerungen verstummen. Und doch: Ich will nicht urteilen über jene, die heute an den Gräbern stehen, nicht mit dem Herzen, sondern nur zum Schein. Denn auch sie tragen ihre Geschichten – verborgen unter ihrem eigenen Lebenskleid.
Mein Herz ist erfüllt von liebevollen Erinnerungen, von Geschichten, die weiterleben – leise, warm und wahr.
Und wie in jedem Jahr entzünde ich heute eine Kerze, für alle Seelen, an denen niemand denkt. Für die Vergessenen, die Namenlosen, möge für sie dennoch ein Licht leuchten.





